Das schwarze Gold (German Edition) by Lionel Davidson

Das schwarze Gold (German Edition) by Lionel Davidson

Autor:Lionel Davidson [Davidson, Lionel]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783955306342
Herausgeber: Edel:eBooks
veröffentlicht: 2015-03-17T16:00:00+00:00


Kapitel 10

»Erklär mir das mit dem Karotin«, bat Caroline.

Sie saß im Kaftan vor mir, hatte ein paar Alka-Seltzer eingenommen, sah aber noch immer ein wenig benommen aus.

»Kannst du mir überhaupt folgen?« fragte ich.

»Ich kriege alles mit. Es gibt nichts, was mir heute morgen nicht einleuchten würde.«

»Ich würde es nicht ertragen, wenn ich das ein zweites Mal erklären müßte.«

»Also, die ganze Energie bewegt sich im Kreis, oder in einem Zyklus, und wenn man weiß, wie, dann kann man den mit Hilfe von süßen Kartoffeln anzapfen.«

»Unter anderem«, ergänzte ich.

»Ja. Aber das Besondere an diesen Kartoffeln ist die Tatsache, daß sie in unfruchtbaren Gegenden wachsen, besonders dort, wo die Leute zu Millionen verhungern. Man braucht nur dieses Tierchen, das die Kartoffeln frißt, sonst will keiner das Zeug, und die verwandeln es dann in Sprit.«

»Ketone.«

»Genau. Und das ist alles bewiesen, aber es entstehen dabei eben auch Abfälle, die man schwer wieder los wird, darunter – das habe ich noch nicht kapiert – Karotin, das gleichzeitig nutzlos und fürchterlich bedeutend ist, dadurch, daß es die Probleme aller Menschen löst.«

»Ja. Sehr gut«, nickte ich, denn überraschenderweise hatte sie alles begriffen. An diesem Morgen war sie tolpatschig und stieß sich überall, aber im Oberstübchen schien alles in Ordnung zu sein. »Das mit dem Karotin kapiere ich selbst auch nicht, aber das verstehen nur ganz wenige, wenn überhaupt jemand. Die Theorie ist wohl, daß nicht das Karotin den Ausschlag gibt, sondern die reine Existenz des Karotin.« Das klang verrückt. »Wie auch immer, man braucht einen passenden Katalysator – kennst du dich mit Katalysatoren aus?«

»Die verändern Dinge.«

»Genau. Findet man den richtigen, verändert er das Zeug – transformiert es, verwandelt es, bringt es zum Explodieren, wie – keine Ahnung.«

»Eine Atombombe.«

»Stimmt. Du schaltest heute morgen schnell.«

»Ja. Auf dem Gebiet kenne ich mich aus. Ich habe selbst eine im Kopf.« Sie hielt sich den Kopf. »Und die explodiert wirklich.«

»Wenn man das Karotin also mit dem Methyl zusammenbringt – oder war es Ethyl? –, findet die Transformation statt. Die Substanz, die keiner will, verwandelt sich in die, auf die jeder scharf ist.«

»Der Pickles-Effekt.«

»Ja.«

»Und das ist alles? Oder kommt noch mehr?«

»Das ist alles. Ist das nicht merkwürdig genug?«

Sie dachte einen Augenblick nach. »Es reicht. Das heißt, es ist noch merkwürdiger. Alles wirkt im Augenblick merkwürdig. Du auch. Dein Gesicht ist ganz verschoben. Deine Zähne leuchten, wenn du sprichst, wußtest du das?«

»Nein.« Ich sah sie an. Das Gesicht, an das ich mich so schlecht hatte erinnern können, schien mir eigentlich recht erinnernswert: etwas schief und bleich wie Mondlicht, mit melancholischem Ausdruck. Die Augen waren zur Zeit etwas trüb und glasig, aber funktionierten offenbar klaglos.

»Oh, Gott. Sagst du jetzt irgendwas Bösartiges über mein Gesicht?«

»Ein bißchen verkatert. Nichts weiter Schlimmes.«

»Wie das Kätzchen am Bauch –«

»Nein, wirklich nicht ...« Das pummeligere und fröhlichere Gesicht von Scheich Jamani fiel mir auf der Titelseite der Zeitung, auf der die Kaffeekanne stand, ins Auge. Aufgeräumt wie immer stand er irgendwo anders herum und bedauerte wieder einmal zutiefst. Eine Welle traf mich. Die unglaubliche Kette von Ereignissen, die diesen Wüstensohn wie einen



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